Der Aufruf

Gewalt? Ohne mich!

Wir sind friedliebende Menschen, die vermeidbare Gewalt ablehnen.

Deutschland hat sich vor 20 Jahren offiziell, also mit gesetzlicher Verankerung, zu Gewaltfreiheit in der Erziehung bekannt. Dennoch ist zu beobachten, dass Gewalt zum Alltag gehört und insbesondere in den zwischengenerationellen Beziehungen normal und üblich ist. Das bezieht sich nicht in erster Linie auf die offene, sichtbare Gewalt, sondern auf die „unsichtbare“ Gewalt, auf die strukturelle Gewalt (die überdies meist der sichtbaren Gewalt zugrunde liegt).

Wir sind Menschen, die jede Bereitschaft aufkündigen, andere Menschen als Objekte zu behandeln oder sich als Objekte behandeln zu lassen. Weder im eigenen Interesse noch im Interesse oder Auftrag anderer sind wir bereit, unsere Töchter und Söhne zu Objekten einer zielgerichteten Erziehung zu machen, die an Gewalt gebunden ist. Wir lehnen es ab, uns Erwartungen zu unterwerfen, die uns im zwischengenerationellen Verhältnis Gewalt abfordern.

Ausgangspunkt unserer Position ist die Grundannahme und Haltung, dass jeder Mensch, ganz gleich wie jung oder alt, ein würdevoller Mensch ist, dem mit bedingungslosem Respekt zu begegnen ist.

Das bedeutet die bedingungslose Achtung

  • seiner Einzigartigkeit
  • seiner Gefühle und Bedürfnisse
  • seiner Selbstbestimmtheit
  • seiner unverletzlichen Würde

Dies schließt für uns jegliche Maßnahmen aus, die diese Achtung nicht erfüllen.

Zu jenen Maßnahmen, die wir kategorisch ablehnen, weil sie junge Menschen in ihrem Sein nicht respektieren und in ihren Bedürfnissen und Gefühlen nicht ernst nehmen, gehören beispielsweise:

  • Verharmlosen und Nicht-Ernst-Nehmen ihrer Äußerungen
  • Manipulationsversuche in Form von Zukunftsversprechungen, Bestechung (Anreiz durch Belohnung) oder Androhung von Konsequenzen/Strafen
  • Stigmatisierung (Brandmarken) und Etikettierung jeder Art, durch die sie als krank, auffällig, abweichend, nicht der Norm entsprechend, gestört, delinquent dargestellt, bezeichnet oder behandelt werden.

Wir verweigern uns der Aufforderung, (junge) Menschen zu etwas zu zwingen, wozu sie ausdrücklich „Nein!“ sagen. Wir sind nicht mehr bereit, sie an Orte zu bringen, zu denen sie sagen „Ich will da nicht hin!“

Die hier vertretene Position und Haltung steht nicht nur im Einklang mit dem Leben und dem Menschsein, sie ist darüber hinaus verfassungskonform! Kein Staat, der sich laut Grundgesetz zum Frieden und zur Gewaltlosigkeit verpflichtet hat, keine staatliche Instanz oder Behörde, kein Amt, kein Gericht kann und darf uns dazu verpflichten, Gewalt auszuüben. Aus derselben Haltung heraus können wir auch nicht hinnehmen, dass von staatlichem Handeln Gewalt ausgeht, weder gegenüber jungen Menschen noch gegenüber deren Müttern und Vätern oder anderen sie begleitenden Menschen, indem sie kriminalisiert oder pathologisiert werden (etwa durch die Bezeichnung „erziehungsunfähig“).

Unser Aufruf richtet sich nicht gegen jemanden, er dient auch nicht dazu, zu sagen, was vielleicht anders und besser sein könnte. Unser Aufruf möchte schlicht und einfach jene hierfür sensibilisierten Menschen zusammenbringen, die jede Form von vermeidbarer Gewalt als inakzeptabel betrachten. Vielleicht werden sie sich angesprochen fühlen, weil sie selbst von zwischengenerationeller Gewalt betroffen sind oder waren, weil sie sie selbst erfahren haben oder weil sie sich selbst als gewalttätig erleben und darunter leiden. Vielleicht auch deshalb, weil diese Gewalt gegen ihr gesundes Empfinden oder ihr ethisches Selbstverständnis verstößt.

Wir, die wir hiermit unsere eindeutige Ablehnung jedweder vermeidbarer Gewalt erklären, wollen unsere Position klar formulieren: Wir wollen nicht nur die von subtiler, offener oder struktureller Gewalt betroffenen Menschen vor dieser Gewalt schützen. Es ist bekannt, dass Gewalt nicht nur Leid für diejenigen bedeutet, die sie erfahren; auch diejenigen, die sie – vielleicht in einer Not-Situation? – ausüben, empfinden diese Gewalt als leidvoll. Deshalb gilt es, Menschen, die diese anwenden, darin zu unterstützen, andere Wege des zwischenmenschlichen Umgangs zu finden.

Mit diesem Aufruf laden wir zu einem Bekenntnis zur Gewaltlosigkeit ein!

Wie könnte es einen Wandel geben, ohne dieses öffentliche Bekenntnis?

„Gewalt? Ohne mich!“

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So kannst du mitmachen

Wer schon mitgemacht hat, siehst du in der Bekenntnisgalerie

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